Unverbindlich verbunden: das Phänomen Situationship
Immer häufiger begegnen uns Beziehungsformen, die nicht in die klassischen Kategorien passen. Zwischen Freundschaft und Partnerschaft entfaltet sich die Situationship. Es ist eine Art Zwischenwelt, in der sich Intimität und Romantik mit dem Verzicht auf enge Verpflichtungen vermischen.
Doch was genau macht eine Situationship aus, und warum entscheiden sich immer mehr Menschen bewusst oder unbewusst für diese Art der Beziehung? Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Facetten einer Situationship und hilft dabei, die Nuancen und Dynamiken besser zu verstehen.
Was ist eine Situationship? – Definition und Bedeutung
Situationship ist ein zusammengesetztes Wort aus dem englischen Relationship, also Beziehung und Situation. Es ist eine undefinierte und unklare Beziehung, die Intimität und auch Freundschaft und Romantik enthalten kann. Sie ist aber unverbindlich – mindestens für einen der Beteiligten. Damit steht eine Situationship zwischen lockerem Dating und einer festen Beziehung.
Wie genau eine Situationship aussieht, ist individuell. Manchmal sind sie exklusiv, manche Situationship-Partner lernen Freunde und Familie des anderen kennen – gemeinsam haben sie alle, dass sie mit weniger Verpflichtungen einhergehen.
Anzeichen, dass du in einer Situationship steckst
Eine Situationship ähnelt der Kennlernphase, deshalb ist es oft nicht leicht zu erkennen, ob du in einer Situationship steckst. Hier sind sechs typische Anzeichen für eine Situationship:
- Wegen der Unverbindlichkeit sprecht ihr nicht über Gefühle, die ihr vielleicht füreinander habt.
- Es gibt keine Gespräche über Probleme und Unangenehmes – ihr bleibt eher beim Small Talk.
- Ihr plant nicht viel langfristiger als die nächsten ein oder zwei Wochen. Eine Situationship lebt in der Gegenwart. In festen Beziehungen planen Partner langfristig – Wochen, Monate oder Jahre im Voraus.
- Freunde und Familie des Partners kennst du nicht. Wer sich nicht festbinden will, sieht keinen Sinn darin, den Partner seiner Familie oder Freunden vorzustellen.
- Ein deutliches Zeichen: Dein Partner ist weiter auf der Suche.
- Und das deutlichste Anzeichen: Du weißt nicht, woran du bist. Egal, ob offiziell oder inoffiziell, euer Beziehungsstatus ist unklar.
Unterschied zwischen Situationship, Freundschaft Plus und Beziehung
Die Übergänge zwischen Freundschaft Plus, Situationship und Beziehung sind fließend. Das macht die Unterscheidung schwierig. Bei der Freundschaft Plus geht es vorrangig um Sex. Auch wenn der Name es anders suggeriert, findet eine Freundschafts- oder Beziehungsebene normalerweise kaum statt. Gemeinsam haben Situationships und Freundschaft Plus, dass sie unverbindlich sind. Die Situationship geht weiter als eine Freundschaft Plus – sie kann freundschaftliche oder romantische Ebenen enthalten.
So teilt eine Situationship Gemeinsamkeiten zu einer Beziehung. Der Unterschied zwischen ist, dass bei einer Situationship Gefühle und Probleme unausgesprochen bleiben und es keine Zukunftspläne gibt. Es fehlt die Stabilität, Sicherheit und Verlässlichkeit einer festen und langfristigen Beziehung.
Warum entstehen Situationships überhaupt?
Manche Situationships entstehen mit Absicht. Beide Situationship-Partner kommunizieren klar, dass sie sich nichts Festeres wünschen und mit der Situation einverstanden sind.
Andere rutschen in einer Situationship hinein. Die ersten Dates laufen gut und die Sympathie passt, also halten beide den Kontakt aufrecht. Die Zeit miteinander ist angenehm, und sie kommen sich näher, oft entwickeln sich erste Gefühle –grundsätzlich der Ablauf einer „normalen“ Kennlernphase. Hier kann eine Situationship entstehen, wenn die Beziehung sich nicht weiterentwickelt, sondern auf dieser Ebene bleibt.
Es gibt einige Gründe, warum sich eine Beziehung nicht weiterentwickelt, meistens mangelt es an offener und klarer Kommunikation: Du sprichst nicht offen über deine Vorstellungen und Erwartungen an die Beziehung. Die Beziehung bleibt dann unklar.
Die Vor- und Nachteile einer Situationship
Jedes Beziehungsmodell hat seine Vor- und Nachteile. Die Situationship bietet viel Freiraum und wenig Verpflichtungen. Es ist leichter, dich auf dich zu konzentrieren, wenn du weniger verpflichtet bist, für deinen Partner da zu sein. Situationships ermöglichen auch, eine Art Test-Beziehung zu führen, bevor du dich festlegst.
Im Gegensatz zu einer festen Beziehung bieten Situationships weniger Stabilität und Sicherheit. Durch die Unverbindlichkeit entsteht Unsicherheit, die nicht für jeden gut auszuhalten ist. Dazu kann bei nicht exklusiven Situationships Eifersucht entstehen. Das alles kann an deinem Selbstwert kratzen – besonders, wenn du die Situationship nicht bewusst gewählt hast.
Emotionale Risiken: Wenn Gefühle einseitig werden
Beim Dating kommt es häufig vor: Einer will mehr, der andere nicht. Viele geraten in einen Kreislauf von Wollen und Zurückweisung und erreichen ihr Ziel einer erfüllten Beziehung nicht. Es besteht die Gefahr, im Kreislauf stecken zu bleiben. Bei Verliebten aktiviert sich das Bindungssystem im Gehirn. Das Bindungssystem übernimmt die Kontrolle, und Entscheidungen sind kaum noch rational. So sucht das Bindungssystem nach der Nähe zur anderen Person. Es läuft ihr manchmal noch nach, wenn keine Hoffnung mehr besteht.
Es kommt vor, dass Menschen Jahre nach einer Beziehung oder Situationship noch an der anderen Person hängen. Auch wenn da nie viel mehr als ein paar Dates war. Damit umzugehen und sich von dem anderen zu lösen, ist eine der größten Herausforderungen im Liebesleben. Eine Entscheidung gegen die andere Person ist aber eine Entscheidung für sich.
Wann und wie du das Gespräch über den Beziehungsstatus suchen solltest
Ein Gespräch über den Beziehungsstatus ist spätestens nötig, wenn du unter der unklaren Situationship leidest: wenn sie deine Bedürfnisse nicht erfüllt, wenn du eifersüchtig wirst, oder wenn du dich abgelehnt fühlst. Es ist wichtig, dass du deine eigenen Gefühle und Bedürfnisse ernst nimmst. Nur dann kannst du deine Situationship oder Beziehung so gestalten, dass du mit ihr zufrieden bist.
Es kann auch sinnvoll sein, euren Beziehungsstatus zu klären, wenn du zufrieden bist. So könnt ihr gemeinsam festlegen, dass das, was ihr habt, eine Situationship ist und bleiben soll. Das Gespräch erlaubt euch, Regeln und Grenzen zu setzen. Soll eure Situationship exklusiv sein? Wenn nicht, wollt ihr über andere sprechen oder lieber nichts davon wissen? Wollt ihr euch immer zu zweit treffen oder auch mit Freunden?
Ein solches Gespräch zu suchen, kann ein schwieriger Schritt sein. Es ist oft mit der Angst vor Ablehnung verbunden. Je früher du das Gespräch suchst und je mehr Mut du aufbringen kannst, desto mehr Kummer kannst du dir ersparen. So kannst du sicher sein, dass du und dein Situationship-Partner dieselben Vorstellungen von eurer Beziehung haben. Außerdem ist es leichter, dich von dem anderen zu lösen, wenn du das Gespräch so früh wie möglich suchst.
Mach dir vor dem Gespräch klar, was du akzeptierst und was nicht. Bei dem Gespräch solltest du offen und klar kommunizieren, was deine Vorstellungen von der Beziehung sind. Bleib standhaft und geh keine Kompromisse ein, von denen du weißt, dass sie dich unglücklich machen würden.
Situationship beenden oder vertiefen? – Tipps für die richtige Entscheidung
Du musst in jeder Beziehung die richtige Balance zwischen Freiheit und Nähe finden. Deshalb ist es für jede Art von Beziehung wichtig, dass du dir deine Gefühle und Bedürfnisse klar wirst. Es ist Zeit für ein Gespräch, sobald du merkst, dass dir die Situationship nicht genug ist oder du unzufrieden mit der Situation bist. Je früher das stattfindet, desto besser.
Die Entscheidung, die Situationship zu vertiefen, liegt nicht allein bei dir. Ein aktives aus der Situationship eine feste Beziehung „machen“ ist kaum möglich, wenn es nicht von beiden Partnern so gewollt ist. Ansonsten steckt der eine Partner viel Mühe in die Beziehung, während der andere weiter herumeiert.
Wie du dich aus einer ungesunden Situationship lösen kannst
Obwohl sich die Situationship durch Unverbindlichkeit auszeichnet, kann es schwierig sein, sich daraus zu lösen. Das gilt besonders, wenn du Gefühle entwickelt hast, die der andere nicht erwidert. Wie bei einer festen Beziehung sind die beiden wichtigsten Punkte: Standhaft bleiben und rasches Handeln. Es macht selten Sinn, an der Hoffnung festzuhalten, dass sich der Situationship-Partner noch an deine Vorstellungen anpasst.
Beende die Situationship offen und direkt. Sprich an, wenn sie dir zu wenig ist und du dir was anderes vorgestellt hast. Es wird dir leichter fallen, dich von dem anderen zu lösen, wenn du einen klaren Schlussstrich ziehst. Das klassische „Lass uns Freunde bleiben“ macht es dir schwieriger, dich von der anderen Person zu lösen.
Situationships in der modernen Dating-Kultur – Ein Trend oder Problem?
Die Dating-Kultur wandelt sich seit Jahrzehnten. Durch Online-Dating wurde die Partnersuche leichter. Es bietet Chancen, um Liebe und feste Beziehungen zu finden. Die große Auswahl an potenziellen Partnern kann es für manche schwieriger machen, sich auf eine Person zu konzentrieren. Auch Beziehungsmodelle verändern sich. Laut des Statistischen Bundesamts entscheiden sich weniger junge Menschen für eine Ehe.
Der Wandel muss kein Problem sein: Mehr Menschen trauen sich, ihr Liebesleben und ihre Beziehungen frei zu gestalten und an die eigenen Bedürfnisse anzupassen. Das gilt auch für Situationships. Es kann ein Beziehungsmodell sein, das für einige sinnvoll ist. Wer sich gerade nicht festlegen möchte, weil er etwa frisch aus einer schwierigen Beziehung kam. Für junge Menschen zum Experimentieren, um herauszufinden, was sie wollen. Als eine Beziehung mit Ablaufdatum, wenn etwa ein Umzug ansteht. Oder für Menschen mit großem Freiheitsbedürfnis oder Bindungsängsten, um das richtige Maß an Nähe zu finden.
Ein Problem ist eine Situationship hauptsächlich, wenn sich ein Beteiligter eine feste Beziehung wünscht. Regelmäßig in Situationships zu landen, die ungewollt sind, führt zu Frust, Einsamkeit und kann dem Selbstwert schaden.
Es ist eine individuelle Abwägung und nicht ein grundsätzliches Problem. Wichtig ist es, sich seiner eigenen Bedürfnisse klar zu sein. Wenn eine Situationship diese erfüllt und auch der Partner damit zufrieden ist, ist eine Situationship kein Problem.
Tipps, um beim nächsten Mal klare Verhältnisse zu schaffen
Die Herausforderung besteht darin, den Mut zu finden, sich ehrlich mit den eigenen Gefühlen zu befassen und diese offen zu kommunizieren. Dabei hilft es, wenn du dich fragst, was du von dem Dating und Beziehungen erwartest. Ehrlichkeit zu sich und zum Gegenüber ist hier der Schlüssel, um die Beziehung weiterzuentwickeln oder sie friedlich zu beenden.
Wenn du merkst, dass du häufiger in unbeabsichtigte Situationships gerätst, könnte es sinnvoll sein, die eigene Herangehensweise an Dating zu hinterfragen. Sind deine eigenen Wünsche klar definiert? Kommunizierst du sie von Beginn an? Durch eine bewusste Reflexion und klare Kommunikation stellst du zukünftige Beziehungen auf eine solide Grundlage.
Situationship oder echte Liebe? – So findest du es heraus
Eine klare Abgrenzung zwischen Situationship und echter Liebe lässt sich durch die Tiefe der Verbindung und das gegenseitige Engagement erkennen. Eine Situationship ist von Unverbindlichkeit geprägt und verfolgt keine langfristigen Pläne. Bei einer echten Liebesbeziehung sind gemeinsame Ziele und eine tiefere Bindung zentrale Elemente. Kommunikation spielt eine entscheidende Rolle: Besprecht ihr die Bedürfnisse und Wünsche beider Seiten offen und respektiert sie?
Zudem solltest du darauf achten, ob dir die Beziehung ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit gibt. Echte Liebe zeigt sich durch Unterstützung in schwierigen Zeiten und den Wunsch, als Team durchs Leben zu gehen. Letztlich ist es wichtig, auf die eigenen Gefühle zu hören: Fühlt sich die Beziehung erfüllend an, oder gibt es ein ständiges Gefühl der Unsicherheit und Unzufriedenheit? Die ehrliche Selbstreflexion bleibt der Schlüssel, um herauszufinden, was wirklich zählt.