Bindungsangst – Symptome, Ursachen und Überwindung

Immer mehr Menschen leiden unter verschiedensten Phobien und Bindungsängsten. Viele sind der Auffassung, dass dies an den aktuell häufig wechselnden Partnerschaften von Menschen läge. Doch Bindungsängste entstehen häufig bereits in der Kindheit und können auf Väter und Mütter zurückgeführt werden. Aber auch vergangene Partner und andere wichtige Menschen in der Vergangenheit können Bindungsängste begünstigen. Woher genau sie kommen und wie sie erkannt werden, verraten wir in unserem Artikel zur Thematik Bindungsangst.

Was ist Bindungsangst?

In der Psychologie wird Bindungsangst als eine Störung beschrieben, die Menschen davon abhält, eine tiefere Bindung zu anderen Menschen einzugehen.

Woher kommen Bindungsängste?

In den meisten Fällen gehen die Ursachen von Bindungsängsten auf die frühe Kindheit oder auch auf traumatische Erlebnisse in der Jugend zurück. Verlusterfahrungen in der Vergangenheit können ebenfalls Bindungsängste begünstigen.

Vor allem die Beziehung zwischen der Mutter und dem Kind führt zu späteren gesunden zwischenmenschlichen Verhältnissen. Gibt es jedoch Probleme bei der Beziehung zur Mutter, so kristallisieren sich für das spätere Leben häufig auch Beziehungsprobleme heraus, welche unterschiedlich stark ausgeprägt sein können. Die ersten Beziehungen im Leben eines Menschen sind fundamental für die späteren Beziehungen. Im Gehirn bilden sich neuronale Verbindungen. Kleinkinder und vor allem Babys sind abhängig von der ersten Beziehung in ihrem Leben. Ohne eine gute Verbindung können Babys sogar sterben. Mütter, die kühl oder abwesend sind und es nicht schaffen, eine intakte und stabile Bindung zu ihrem Kind aufzubauen, hinterlassen in der Psyche ihres Kindes tiefe Spuren. Beim Kind entsteht das Gefühl, nicht zu genügen oder eine liebevolle, auf Vertrauen basierende Beziehung nicht zu verdienen.

Im Gehirn wird nicht unterschieden zwischen günstigen und ungünstigen Erfahrungen. Die Wiederholungen machen die Musik. Das Problem ist jedoch, dass sich negative Erfahrungen viel schneller in das Gehirn einbrennen als positive Erlebnisse.

Aus diesem Gefühl heraus kann eine Phobie vor zu engen Bindungen entstehen. Tückisch an der Bindungsangst ist, dass sich die betroffenen Erwachsenen nicht bewusst darüber sind, warum sie keine feste Bindung eingehen können. Statt zu reflektieren, dass sie aufgrund einer Bindungsphobie keine Nähe zum Partner aufbauen und zulassen können, sind sie überzeugt, der Partner sei „nicht der Richtige“. Sie fühlen eine Beklemmung, die sie selbst nicht verstehen.

Bindungsphobiker haben in ihrer Kindheit gelernt, dass sie keine Liebe bekommen, ohne sie sich zu verdienen. Ist dieses Wissen erst einmal verankert, fühlen Menschen Versagensangst – erfüllen sie dies oder jenes nicht, reagiert das Gegenüber mit Liebesentzug. Das gilt es zu vermeiden – in der Folge gehen sie keine tiefergehenden Liebesbeziehungen ein.

Wissenswert: Wenn in der Kindheit etwas Negatives geschieht, so spiegelt sich im Gehirn jener Aspekt wieder, dass dies in dem Leben eines Menschen immer wieder passieren würde. War die Beziehung nun weniger erfolgreich, so entsteht das Gefühl, dass alle weiteren Beziehungen ebenfalls weniger positiv ablaufen würden. Dies ist die Wurzel für Beziehungsängste.

Nicht nur Vernachlässigung kann zu problematischen späteren Beziehungen führen. Auch die Überbehütung kann dramatische Auswirkungen auf den späteren Werdegang eines Menschen haben. Diese Aspekte können schädlich für die Beziehungsmuster von Kindern sein:

  • Unsicherheit (die Mutter erweist sich als unstetig)
  • Schmerz (Mütter lehnen ihr Kind ab oder sorgen nicht ausreichend für Ihr Kind)
  • Überbehütung (das Kind hat keinen eigenen Raum und kann sich nicht frei entwickeln)

Hier entsteht eine schlichtweg falsche Verdrahtung im Gehirn des Kindes und Heranwachsenden. Es wird quasi ein falsches Programm eingespielt und bei ähnlichen wiederkehrenden Erlebnissen immer wieder abgespielt. Dies verursacht ein unbefriedigendes Gefühl oder gar Schmerz beim Betroffenen. Zudem können Kinder überhaupt nicht auseinander halten, ob die aktuelle Situation mit ihnen zu tun hat oder nicht. Sie beziehen alles auf sich.

Des Weiteren können traumatische Erlebnisse in früheren Beziehungen und Partnerschaften zu Bindungsängsten führen. Bereits gescheiterte Beziehungen oder Verluste können Bindungsängste begünstigen.

Woran erkenne ich Bindungsangst?

In einigen Fällen sind Bindungsängste gar nicht so einfach zu erkennen. Oftmals sind Betroffene unscheinbar. Doch einige Dinge weisen darauf hin, dass Menschen mit Bindungsängsten zu tun haben, auch wenn es ihnen selbst nicht einmal so bewusst sein mag.

Menschen mit Bindungsangst können auf wenige bis gar keine langen Beziehungen zurückblicken. Hierzu gehören nicht nur Partnerschaften, sondern auch innige Freundschaften. Ein plötzlicher Kontaktabbruch ohne näheren Grund kann ebenfalls auf Bindungsangst hinweisen. Die Ursachen sprechen für die späteren Folgen. Entstand bereits eine Vernachlässigung oder Kränkung in der Kindheit, so sind keine langen Beziehungen verbuchbar. Wurde die Angst erst später entfacht, so können durchaus auch längere Beziehungen in der Vergangenheit geführt worden sein. Außerdem kann die Bindungsangst bei einem Mann ganz anders aussehen als bei einer Frau. Die Symptome unterscheiden sich von Mensch zu Mensch.

Ob Mann oder Frau, Bindungsängste können mit Minderwertigkeitskomplexen einhergehen. Des Weiteren provozieren sie Streit und ergreifen häufig reflexartig die Flucht. Auch der Wunsch nach einer Beziehung scheint geringer als die Angst zu Scheitern.

Wissenswert: Vor allem Menschen mit Bindungsängsten suchen sich häufig Partner aus, die nicht zu ihnen passen. So entsteht eine selbsterfüllende Prophezeiung, da die Beziehung früher oder später unglücklich enden wird.

Menschen mit Angst, sich zu binden, sind zudem häufig unentschlossen. Vorschläge wie offene Beziehungen sind keine Seltenheit, da das Band nicht zu „eng“ werden soll. Perfekte Partner werden außerdem ignoriert.

Bindungsangst Symptome

Die Bindungsangst geht mit etlichen Symptomen einher. Diese können je nach Person sehr unterschiedlich ausfallen. Menschen sind unterschiedlich und genauso fallen auch ihre Umgehensweisen mit der Erkrankung aus. Doch einige Punkte sind bei nahezu allen Menschen mit Bindungsängsten identisch.

  • Aufrechterhaltung von Distanz
  • Ausgeprägter Wechsel zwischen Distanz und Nähe
  • Das gezielte Setzen von Prioritäten im Beruf und anderen Bereichen außerhalb sozialer Kontakte mit ausgeprägter Bindung
  • Angst vor Ablehnung und potentieller Zurückweisung
  • Angst vor Eingrenzung der eigenen Freiheit
  • Überdimensionale Angst davor, „eingeengt“ zu werden

Neben den offensichtlichen Symptomen, die auf zwischenmenschlicher Basis beruhen, bringt die Angst der Bindung noch weitere Begleiterscheinungen mit sich.

  • Herzrasen
  • Beklemmungsgefühl
  • Schwindel
  • Mundtrockenheit
  • Kurzatmigkeit
  • Schwindel
  • Schwitzen

Der Körper reagiert stark auf Angst. Er hält für den Menschen etliche Begleiterscheinungen bereit, mit denen auch Menschen zu tun haben, welche unter Bindungsängsten leiden. Ein ambivalentes Verhalten von Menschen kann unbewusst vollzogen, aber auch voller Symptome sein. Hier richtet es sich nach der betroffenen Person und dem Schweregrad der Erkrankung. Einige Menschen haben nahezu keine der genannten Begleiterscheinungen, da ihnen die Erkrankung häufig nicht einmal bewusst ist.

Wie verhalten sich Männer mit Bindungsangst?

Nicht alle Männer, die unter Bindungsangst leiden, sind zwangsläufig allein oder flüchten sich in kurzlebige, rein körperliche Beziehungen. Viele bindungsängstliche Männer gehen lange, mehr oder weniger glückliche Beziehungen ein und leiden genau wie ihrer Partnerinnen unter der Situation.

Wie verhalten sich Männer, die unter Bindungsangst leiden? Wir zeigen ein paar typische Anzeichen, an denen das Vorliegen einer Bindungsangst Mann abgeleitet werden kann:

  • sie brechen grundlos einen Streit vom Zaun. Im Anschluss ziehen sie sich zurück oder verlassen für eine längere Zeit die gemeinsame Wohnung
  • sie blocken körperliche Nähe ab, verweigern Umarmungen, Küsse und andere Intimitäten
  • sie flüchten in Hobbys oder in ihre Arbeit. Sie demonstrieren damit: „Ich habe keine Zeit für unsere Beziehung!“
  • sie legen keine (langfristigen) Ziele fest, beispielsweise einen Urlaub, Hochzeit, Familiengründung
  • sie trennen sich überraschend und ohne sich zu erklären
  • sie weigern sich, Verantwortung zu übernehmen. Das äußert sich beispielsweise darin, dass sie ihrer Partnerin nicht Bescheid geben, wenn sie länger als geplant wegbleiben

Bindungsgestörte Männer begründen ihre verletzenden Verhaltensweisen oftmals mit Ausflüchten – beliebt sind Aussagen wie „ich bin noch nicht bereit für eine (noch festere, verbindliche) Beziehung“ oder „Du hast etwas viel besseres als mich verdient“.

Leiden Männer unter ihrer Angst vor Nähe?

Menschen sind auf Nähe anderer Menschen angewiesen, um psychisch gesund zu bleiben. Menschen, die keine Nähe zulassen können, leiden nicht nur psychisch, sondern oft auch physisch. Herzrasen und Panikattacken sind physisch spürbare Symptome, die Männer und Frauen mit Bindungsangst quasi aus dem Nichts „überfallen“.

Angst vor Nähe – typisch männlich?

In der Psychologie wurde intensiv darüber diskutiert, ob die Angst vor Nähe ein männliches Phänomen sei. Übereinstimmend ist sich die Fachschaft einig: Bindungsangst betrifft Frauen in gleichem Maße.

Bindungsangst überwinden

Mit einigen Schritten ist es möglich, die Bindungsangst zu überwinden. Häufig kommt eine Therapie in Frage. Alte Erlebnisse müssen aufgearbeitet werden, um die Ursache zu finden. Erst dann ist es möglich, an der Gegenwart zu arbeiten und die Angst zu überwinden.

Im ersten Schritt ist es wichtig, die Angst anzunehmen. Wer seine Ängste auf Dauer verdrängt, verpasst die Chance, mit ihnen umgehen zu können. Wer sich eingesteht, die Ängste zu haben, der schafft es auf Dauer leichter, mit ihnen umzugehen.

Wichtig ist es, sich stets Zeit zu lassen. Manche Menschen stürzen sich in eine Beziehung, weil sie denken, die Konfrontation sei die beste Therapie. Doch dem ist nicht so. Selten führt diese Methode zu dem gewünschten Ziel. Die Bindungsangst überwinden Menschen keinesfalls, indem sie sich in eine Beziehung nach der anderen stürzen. Beziehungen sollten lieber langsam aufgebaut werden. So wird Sicherheit geschafft.

Auch der Partner kann eine ideale Unterstützung neben einer Psychotherapie sein. Partner sollten die Bindungsängste ernst nehmen und sich mit ihnen beschäftigen. Wichtig ist, dass auch die Partner Zeit einräumen und geduldig sind. Ebenso müssen sie mit den Höhen und Tiefen der Partner klarkommen.

Was können Partner von Bindungsphobikern tun?

Unabdingbar für ein gutes Zusammenleben ist, dass der unter Bindungsangst Leidende sein Problem erkennt. Ist das geschafft, ist eine Überwindung der Angst möglich.

Der Partner kann über positive Erlebnisse dafür sorgen, dass der bindungsängstliche Partner die Beziehung anders erlebt, als er es bisher kannte. Dem Partner wird auch dann mit Liebe begegnet, wenn das Verhalten nicht tolerierbar ist. Beispiel: Der bindungsängstliche Partner reagiert auf einen Streit mit Flucht und der nicht bindungsängstliche Partner akzeptiert das Verhalten und „verzeiht“. Ein solches „Tolerieren“ ist für den Partner sehr schwierig.